Starkregen belastet Abwasserbehandlung: Bis zu jede zehnte Leichtflüssigkeitsabscheideranlage zu klein dimensioniert, was bei Starkregen zum Überlaufen führen kann

In den letzten Tagen häuften sich in Deutschland Extremwetterlagen mit kurzzeitig auftretendem Starkregen. Vollgelaufene Keller und Tiefgaragen oder geflutete Unterführungen waren mancherorts die Folge des Unwetters. Derartige Starkregenereignisse stellen jedoch auch eine unmittelbare Gefahr für die Umwelt dar, da Leichtflüssigkeitsabscheideranlagen überlaufen können. Nach Ansicht der Abscheider-Experten des TÜV Thüringen sind fünf bis zehn Prozent dieser Abscheideranlagen zu klein ausgelegt. Starkregen-Ereignisse mit viel Niederschlag in kurzer Zeit machen das Einhalten der geforderten Abwassergrenzwerte unter Umständen unmöglich.

Leichtflüssigkeitsabscheideranlagen werden überall dort eingesetzt, wo Öle oder Kraftstoffe über das Regenwasser in das Grundwasser gelangen können. Jede Tankstelle, viele Waschplätze und Waschanlagen sowie landwirtschaftliche Betriebe sind praktischerweise mit solchen Abscheideranlagen ausgestattet. Im Normalfall sollen die Abscheideranlagen Leichtflüssigkeiten aus dem Abwasser trennen, damit abwassergefährdende Stoffe nicht die Umwelt beziehungsweise die nachgeschaltete Kläranlage belasten. Bis auf Einzelfallentscheidungen durch die unteren Wasserbehörden besitzen die Abscheideranlagen in Deutschland eine bauaufsichtliche Zulassung des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt). Ihre entsprechende Nenngröße entspricht der maximalen Durchflussmenge in Litern je Sekunde, wobei die verbaute Nenngröße der Abscheideranlage immer größer als die errechnete Nenngröße sein muss.

Neben verschiedenen anderen Faktoren ist dabei die sogenannte Regenspende (r5,2) maßgeblich. Die Bemessungsregenspende beschreibt ein starkes Niederschlagsereignis mit einer Dauer von 5 Minuten, welches alle 2 Jahre auftreten kann oder überschritten wird. Aufgrund der erhöhten Regenspenden hat der Deutsche Wetterdienst zum 1. Januar 2023 die „Koordinierte Starkniederschlagsregionalisierung und -auswertung“ (KOSTRA) neu veröffentlicht. Die als Berechnungsgrundlage für die Genehmigung von Leichtflüssigkeitsabscheidern dienende Auswertung gibt für einige Regionen eine 20 bis 40 Prozent höhere Starkniederschlagsmenge an.

„Zwar sind die Niederschlagsmengen gerade in den letzten Jahren insgesamt deutlich zurückgegangen, jedoch haben Starkregenereignisse im gleichen Maße zugenommen. Für Abscheideranlagen stellt nicht der kaum noch auftretende langanhaltende Landregen ein Problem dar, sondern vielmehr ein Wolkenbruch, wenn in kürzester Zeit eine große Menge Wasser abgeführt werden muss“, verdeutlicht Ronny Füchsel vom TÜV Thüringen. Der Sachverständige für Abscheideranlagen geht davon aus, dass aufgrund dieser im Vergleich zu den Werten der letzten zehn Jahre stark gestiegenen Regenspenden bei vielen kommenden Anlagenprüfungen festgestellt wird, dass die Anlagen schlichtweg zu klein dimensioniert sind. Dies würde zu einem erheblichen Mangel führen, welcher behoben werden muss und natürlich Kosten für den Betreiber verursacht. „Legt man heute die aktuelle Starkniederschlagsauswertung und die Niederschlagsspenden des Deutschen Wetterdiensts als Messlatte an, können möglicherweise zwischen fünf und zehn Prozent der Anlagen für Starkregenereignisse zu klein dimensioniert sein. Das würde fast jede zehnte Anlage betreffen. Die betroffenen Abscheideranlagen entsprächen damit nicht der geltenden Rechtslage beziehungsweise den dazugehörigen Normen und müssten entsprechend baulich angepasst werden. Auf Betreiber kommen in solchen Fällen nicht unerhebliche Investitionen zu“, so Ronny Füchsel vom TÜV Thüringen.