Mobilität & Verkehr Auto-Ratgeber, Winter
Autofahren im Winter: Standheizungs-Mythen auf dem Prüfstand
Bei klirrender Kälte schlägt die Stunde jener Autofahrer, deren Fahrzeug mit einer Standheizung ausgerüstet ist. Sie können sich nicht nur über ein wohlig vorgewärmtes Fahrzeug freuen, auch das mühselige Eiskratzen entfällt. Ein weiterer Vorteil der Standheizung ist ein schonender Effekt für den Motor, wenn bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor auch der Kühlwasserkreislauf mit beheizt wird. Weniger schonend ist die Standheizung für die Batterie, denn gerade bei Kurzstrecken-Fahrten oder bei zu langem Vorheizen wird diese stark belastet. Fahrzeugexperte Marcel Schauffler vom TÜV Thüringen räumt mit den Pros und Kontras von Standheizungen auf und erklärt, welchen Einfluss das Aufwärmen auf die Reichweite bei Elektroautos hat.
Über die Vor- und Nachteile von Standheizungen gibt es unterschiedlichste Ansichten. Während für manche die Umweltbelastung durch höheren Spritverbrauch im Fokus steht, vermuten andere sogar eine Kraftstoff-Einsparung durch den Entfall des Kaltstarts und eine langfristige Motor-Schonung. Was in Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor eher nicht zur alltäglichen Ausstattung gehört, ist bei Elektroautos quasi Standard: Mit der Aufwärmfunktion kann fast jedes E-Auto vor der Fahrt auf eine angenehme Temperatur gebracht werden. Auch das schont den Akku und steigert den Komfort, reduziert aber die Reichweite – wenn das Fahrzeug nicht noch geladen wird. Unstrittig ist, dass der Entfall des lästigen Eiskratzens am Morgen ein echter Komfortgewinn ist. Marcel Schauffler vom TÜV Thüringen klärt die Standheizungs-Mythen auf.
Standheizung im kraftstoffbetriebenen Fahrzeug: Vorsicht bei Kurzstrecken
„Für Autos mit Verbrennungsmotor gibt es unterschiedliche Klassen von Standheizungen, ganz gleich ob es sich dabei um einen Benziner oder Diesel handelt. Zum einen gibt es die kraftstoffbetriebenen Standheizungen, die am häufigsten verbaut sind. Es gibt aber auch elektrisch betriebene Modelle, bei denen ein Stromanschluss in der Nähe der Parkfläche zur Verfügung stehen muss und die daher in der Regel nur für Grundstücksbesitzer interessant sind. Wesentlich stärker verbreitet sind Standheizungen, die sich aus dem Kraftstofftank des Fahrzeugs bedienen“, so Marcel Schauffler. Standheizungen können bei vielen Fahrzeugen als Sonderausstattung ab Werk bestellt werden, in Fachwerkstätten kann die Technik aber auch später nachgerüstet werden. Sie bieten nicht nur einen Komfortgewinn, sondern tragen gerade im Winter zu mehr Verkehrssicherheit bei, denn vereiste oder beschlagene Autoscheiben gehören damit der Vergangenheit an.
Doch wie effektiv sind Standheizungen und lohnen sie sich wirklich? „Der Mythos, dass ein Fahrzeug mit Standheizung mehr Kraftstoff verbraucht, stimmt nur bedingt“, meint Fahrzeugexperte Marcel Schauffler. Wird von der Standheizung nur der Innenraum aufgewärmt, verbraucht die Standheizung natürlich in der Aufheizphase zusätzlichen Kraftstoff. Moderne Standheizungen verbrauchen in einer halben Stunde circa 0,1 Liter Kraftstoff. Diese Zeit ist in aller Regel völlig ausreichend, um das Fahrzeug auch bei extremen Minusgraden auf eine angenehme Innenraumtemperatur zu bringen. Die Dauer der Aufheizphase hängt aber von vielen Faktoren ab, darunter neben dem Temperaturunterschied zwischen der gewünschten Innenraum- und der Außentemperatur auch fahrzeugspezifische oder modellabhängige Komponenten. „Eine Standheizung, die auch den Motor aufwärmt, braucht bis zum Erreichen der Zieltemperatur etwas länger. Der Mehrverbrauch ist dennoch überschaubar, weil ein bereits auf Betriebstemperatur gebrachter Motor viel effizienter arbeiten kann als beim Kaltstart“, so der Fahrzeugexperte vom TÜV Thüringen. Dadurch wird zudem der Motor vor Verschleiß geschont. Einen nicht zu unterschätzenden Nachteil haben Standheizungen jedoch auch: „Wer sein Fahrzeug zu lange vorheizt und nur Kurzstrecken zurücklegt, riskiert eine Entladung seiner Starterbatterie, da die kraftstoffbetriebenen Standheizungen auch Strom aus dem Bordnetz benötigen. Die anschließende Fahrtzeit sollte also mindestens so lange andauern, wie das Fahrzeug zuvor aufgeheizt wurde“, gibt Marcel Schauffler Besitzern von Autos mit Standheizung mit auf den Weg.
Aufwärmfunktion im Elektroauto
Eine ganz ähnliche Funktion wie die Standheizung im Verbrennerfahrzeug hat die Aufwärmphase eines Elektroautos. Diese soll einerseits den Antriebs-Akku auf Betriebstemperatur bringen, anderseits kann damit bei den meisten E-Autos aber auch der Innenraum auf eine angenehme Temperatur gebracht werden.
Anders als bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren, die die Abwärme des Motors für die Heizung des Innenraums nutzen können, muss beim vollelektrisch angetriebenen Auto auch die Heizung mit elektrischer Energie realisiert werden. Das funktioniert zwar etwas schneller als bei einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor, da sofort warme Luft aus den Lüftungsdüsen strömt, kostet aber Strom und damit Reichweite. Die Heizung wird so schnell zum größten peripheren Stromverbraucher. „Wer sein Auto vor Fahrtantritt auflädt und dabei gleich den Innenraum mit beheizt, kann mit deutlich mehr Reichweite rechnen. Außerdem schont die Vorklimatisierung den Akku, weil er vor Fahrtantritt auf Betriebstemperatur gebracht wird. Dieser Effekt ist ganz ähnlicher wie bei Verbrennerfahrzeugen mit Standheizung samt Motorwärmfunktion. Bei den meisten Elektroautos können entsprechende Einstellungen zum Aufwärmen über das Lade-Setup ausgewählt werden.
Auch beim Elektroauto wirken sich Kurzstrecken ungünstig auf den „Verbrauch“ aus. Gerade im Winter kühlt das E-Auto bei jedem längeren Stopp schnell wieder aus und muss danach wieder auf die gewünschte Temperatur aufgeheizt werden. Das reduziert die Reichweite spürbar und schränkt den Aktionsradius ein.