Die fünf Sicherheitsregeln der Elektrotechnik professionell umsetzen

Arbeiten an elektrischen Anlagen sind ohne grundlegendes Sicherheitsverständnis undenkbar – die Gefahren von Stromunfällen sind nie zu unterschätzen. Auch erfahrenen Elektrofachkräften können durchaus Fehler unterlaufen, die dann zu Unfällen führen. Die Folgen solcher Ereignisse sind unter Umständen sehr schwerwiegend. Sie reichen von leichten Verbrennungen bis hin zum Tod durch Herzversagen oder Atemstillstand. 
Allein im Jahr 2022 hat die BG ETEM über 3.600 Stromunfälle aus ihrem Versichertenkreis registrieren müssen, wobei leider auch zwei Todesopfer zu beklagen waren. 

Um Stromunfälle sowie ihre Folgen für Leib und Leben zu vermeiden, sollten bei der Arbeit mit elektrischem Strom immer
die fünf Sicherheitsregeln der Elektrotechnik als wichtiger Bestandteil der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes beachtet werden. 


Die fünf Sicherheitsregeln der Elektrotechnik


Wird an elektrischen Anlagen gearbeitet, müssen die fünf Sicherheitsregeln der Elektrotechnik zwingend eingehalten werden, um Stromunfälle zu vermeiden. Für solche Arbeiten sind immer entsprechende Fachkenntnisse und eine spezielle Ausbildung erforderlich. Elektrotechnische Laien dürfen unter keinen Umständen an elektrischen Anlagen tätig werden. Die fünf Sicherheitsregeln sind in Deutschland in der Norm DIN VDE 0105-100:2015-10 (Betrieb von elektrischen Anlagen) enthalten. Diese Norm beschreibt die Anforderungen für sicheres Bedienen von und Arbeiten an, mit oder in der Nähe von elektrischen Anlagen. Diese Anforderungen gelten für alle Bedienungs-, Arbeits- und Wartungsverfahren, bei denen eine elektrische Gefahr besteht.

Die fünf Sicherheitsregeln besagen im Einzelnen: 

1. Sicherheitsregel: Freischalten

Vor Beginn von Arbeiten an elektrischen Anlagen muss die Anlage freigeschaltet werden. Das bedeutet, dass alle Stromkreise spannungsfrei geschaltet werden müssen. Es darf keine Spannung mehr anliegen – alle spannungsführenden Teile der elektrischen Anlage müssen allpolig sowie allseitig vom Stromnetz getrennt sein. Dies wird zum Beispiel durch das Ausschalten des entsprechenden Leitungsschutzschalters oder das Entfernen der entsprechenden Sicherung erreicht.
Praxistipp: Das Freischalten sollte im Sinne der eigenen Sicherheit immer persönlich erfolgen. Im Verhinderungsfall ist es ratsam, sich das Freischalten der Anlagen schriftlich (oder als Ausnahme auch mündlich) bestätigen zu lassen. 
 
2. Sicherheitsregel: Gegen Wiedereinschalten sichern
Nach dem Freischalten muss sichergestellt werden, dass die Anlage nicht versehentlich wieder eingeschaltet wird. Hierzu können zum Beispiel Sperrelemente bei herausnehmbaren Sicherungen, Verriegelungen oder Verbotsschilder eingesetzt werden.
Praxistipp: Der zuverlässigste Schutz wird durch ein Vorhängeschloss am Leitungsschutzschalter erreicht, das nur persönlich wieder entriegelt werden kann. 

3. Sicherheitsregel: Spannungsfreiheit feststellen
Da auch unter Beachtung der beiden ersten Sicherheitsregeln noch Spannung anliegen kann, weil bspw. die Ersatzstromversorgung angelaufen ist, muss vor Beginn der Arbeiten zwingend sichergestellt werden, dass die Anlage wirklich allpolig spannungsfrei ist. Ein dafür geeignetes Messgerät ist ein zweipoliger Spannungsprüfer, der die Spannungsfreiheit über ein optisches oder akustisches Signal anzeigt.
Praxistipp: Beim Einsatz des zweipoligen Spannungsprüfers sind immer eventuelle Anwendungsbeschränkungen und sonstige Bemerkungen in der Bedienungsanleitung oder auf dem Typenschild zu befolgen. Ein Gerät, das nicht über eine Zulassung für den Außenbereich verfügt, kann dort auch keine sicheren und im Zweifel (über-)lebenswichtige Ergebnisse liefern. 

4. Sicherheitsregel: Erden und Kurzschließen
Wenn Arbeiten an elektrischen Anlagen durchgeführt werden, müssen diese ab Spannungen von 1000 V immer zuerst geerdet und dann mit dafür geeignetem Werkzeug kurzgeschlossen werden. Dadurch wird sichergestellt, dass keine gefährlichen Spannungen auftreten. Auch bei Anlagen, deren Einschalten durch eine Ersatzstromanlage automatisch erfolgen kann, kommt diese Regel zum Tragen.
Praxistipp: Immer erst erden und dann kurzschließen. Dies erfolgt bei Hochspannungsanlagen an der Arbeitsstelle und an der Ausschaltstelle. Bei Freileitungen muss das Erden und Kurzschließen an der Arbeitsstelle erfolgen. 

5. Sicherheitsregel: Benachbarte, unter Spannung stehende Teile abdecken oder abschranken
Wenn Arbeiten an Elektroanlagen durchgeführt werden, müssen benachbarte spannungsführende Teile, die nicht abgeschaltet werden können, gegen Berührung geschützt werden. Das kann durch Abdecken oder Abschranken mittels isolierenden Tüchern oder Schutzplatten erfolgen. Diese zusätzlichen Schutzmaßnahmen verhindern, dass Personen in der Annäherungszone versehentlich direkt oder über ein Werkzeug mit unter Spannung stehenden Teilen in Berührung kommen.
Praxistipp: Verwendete Abdeckungen dürfen nicht verrutschen. Absperrketten mit Warnhinweis, Absperrtafeln, Kennzeichnungen sowie Warntafeln müssen den möglichen Arbeitsbereich deutlich kennzeichnen, um die Annäherung an die spannungsführenden Teile zu verhindern. Zusätzlichen Schutz bietet der Einsatz persönlicher Schutzausrüstung wie Helm mit Gesichtsschutz oder hochisolierten Handschuhen. 

Zusammenfassend ist zu sagen, dass jeder, der aufgrund seiner Qualifikation mit elektrischem Strom umgehen darf, die fünf Sicherheitsregeln immer befolgen muss. Ihre Beachtung bewahrt vor Stromunfällen und kann Leben retten. 

Bleiben Sie wissbegierig!