Intelligente Prüfverfahren: TÜV Thüringen prüft einen der größten Erdgas-Kugelspeicher Deutschlands

Erdgas wird auch künftig auf dem Weg zur Klimaneutralität als Energieträger ein wichtiger Baustein im Energiemix sein. Das Gas wird vielseitig für die Wärmeversorgung oder in der Industrie eingesetzt. Einen der größten Erdgasspeicher Deutschlands hat der TÜV Thüringen jetzt mit einer intelligenten Kombination verschiedener zerstörungsfreier Prüfverfahren geprüft.

Mit einem Durchmesser von 27 Metern zählt der 1972 erbaute oberirdische Erdgas-Kugelspeicher des Heizkraftwerks Mitte in Braunschweig zu den größten Anlagen seiner Art in Deutschland. Bis zu 120.000 Norm-Kubikmeter Erdgas können in dem riesigen kugelförmigen Druckbehälter gespeichert werden, weshalb er als Pufferspeicher für das Braunschweiger Erdgasnetz und den großen Gaskessel des Heizkraftwerks Mitte in Braunschweig genutzt wird. Die enorme Menge des unter Druck stehenden und in Verbindung mit Luft hochexplosiven Erdgases macht aber auch eine regelmäßige Prüfung erforderlich, denn die Stabilität des Druckbehälters ist die Lebensversicherung für alle Menschen in seiner Umgebung. Genau wie bei vielen anderen der rund 30 weiteren Erdgas-Kugelspeicher in Deutschland war diese Prüfung in der Vergangenheit mit einem mindestens 2-monatigen Anlagenstillstand mit enormen Nutzungsausfallkosten, großem Montageaufwand und enormen Belastungen für das Klima verbunden. Mit einer intelligenten Kombination verschiedener zerstörungsfreier Prüfverfahren sorgt der TÜV Thüringen nicht nur für eine wesentlich schneller erledigte Prüfung und deutlich geringere Kosten für den Betreiber; auch das Klima darf sich über das saubere Verfahren freuen.

Um die Vorteile des neuen Prüfkonzepts in Gänze nachvollziehen zu können, muss man sich zunächst den früheren konventionellen Prüfungsablauf vor Augen führen: Als erster Schritt wurden mehrere zehntausend Kubikmeter des primär aus klimaschädlichem Methan bestehenden Erdgases aus der Kugel in die Umwelt entlassen, bevor diese mit gewaltigen Mengen von verdampftem Stickstoff und Luft ausgespült und so für eine Begehung zur Innenbesichtigung vorbereitet werden konnte. Im Anschluss wurde im Inneren der 27 Meter hohen Kugel ein aufwendiges Gerüst aufgebaut, damit die innere Wandung und die Schweißnähte des Druckbehälters aus nächster Nähe überprüft werden konnten. Im nächsten Schritt wurde die gesamte Kugel mit Stickstoff befüllt und unter Druck gesetzt, bevor der Stickstoff mit Erdgas wieder ausgespült werden musste, wobei erneut eine gewaltige Menge Erdgas in die Atmosphäre abgegeben wurde. Erst nach mehr als 2 Monaten Prüfung und damit einhergehender Nutzungsausfallzeit sowie großer Klimabelastung durch klimaschädliches Methan, das als Treibhausgas etwa 20 mal wirksamer ist als die gleiche Menge Kohlendioxid (CO2), konnte der Kugelspeicher schließlich wieder in Betrieb genommen werden.

Wie sich die riesigen Erdgas-Kugelspeicher effizienter, klimafreundlicher und ebenso sicher prüfen lassen, zeigen die Druckbehälter-Experten des TÜV Thüringen. Mit einer Kombination verschiedener zerstörungsfreier Prüfverfahren reduzierten Sie die Dauer des Anlagenstillstands und die damit verbundene Nutzungsausfallzeit von rund zwei Monaten auf einen einzigen Tag, weil die durch Gasaustausch und Gerüstbau außerordentlich aufwendige Innenbesichtigung in den meisten Fällen nicht länger erforderlich ist. Kern der Prüfung ist die beim TÜV Thüringen schon seit Jahren etablierte Schallemissionsprüfung (SEP), die mit verschiedenen anderen zerstörungsfreien Prüfverfahren kombiniert wird, die allesamt von außen durchführbar sind. Mit Hilfe der Schallemissionsprüfung können während einer Gasdruckprüfung kritische Signale, die auf eventuelle Risse hindeuten, präzise geortet und bewertet werden. Im Vergleich zur sonst üblichen visuellen Prüfung (Besichtigung) der inneren Wandung, werden somit durch die SEP alle gefährlichen Risse detektiert, auch wenn sie mit dem bloßen Auge nicht sichtbar sind. Das steigert neben der deutlich höheren Verfügbarkeit des Druckbehälters auch die Qualität der Prüfaussage.

Mit Blick auf die Nachhaltigkeit ist der größte Vorteil aber zweifellos, dass durch die nicht mehr notwendige Innenbesichtigung und durch die Gasdruckprüfung unter Zuhilfenahme von Erdgas als Druckprobenmedium keinerlei klimaschädliches Methan mehr in die Atmosphäre entlassen werden muss. Für die Druckprüfung wird das Erdgas stattdessen direkt aus dem Erdgasnetz entnommen und nach der Prüfung direkt wieder in das Erdgasnetz zurückgespeist. So zeigt das Beispiel der Prüfung des Erdgas-Kugelspeichers des Heizkraftwerks Mitte in Braunschweig, wie intelligente Prüfverfahren zum Klimaschutz und zu einer enormen Reduzierung der Nutzungsausfallzeit komplexer Anlagen beitragen können. Kein Wunder, dass nach der erfolgreichen Prüfung in Braunschweig auch andere Betreiber von Erdgas-Kugelspeichern ihr Interesse am Prüfkonzept des TÜV Thüringen angemeldet haben.