Mehr Schutz für Radfahrer: Sicherheitsabstand wird oft unterschritten

Schon innerorts schreibt die StVO beim Überholen von Radfahrern einen Mindestabstand von 1,50 Meter vor, außerhalb von Ortschaften beträgt der geforderte Abstand sogar 2 Meter. Im realen Straßenverkehr sieht es leider anders aus, denn Auto- und Lkw-Fahrer unterschreiten den Seitenabstand regelmäßig – oft aus Unwissenheit, manchmal aber auch ganz bewusst, weil die Situation es nicht anders erlaubt und in Eile dennoch überholt wird. Für den Mobilitätsexperten Marcel Schauffler vom TÜV Thüringen sind diese Argumente jedoch kein Freifahrtschein, denn der ausreichende Seitenabstand zu anderen Verkehrsteilnehmern wurde in der letzten Novelle der StVO nicht umsonst neu definiert: Der Abstand soll den Schutz von Radfahrern, Fahrern von Elektrokleinstfahrzeugen und Fußgängern erhöhen. Die Notwendigkeit hierfür belegen die Verkehrsunfallzahlen leider eindrucksvoll.

Laut Statistischem Bundesamt war im Jahr 2024 jedes sechste Todesopfer im Straßenverkehr mit dem Fahrrad unterwegs. Insgesamt kamen nach der vorläufigen Unfallstatistik im vergangenen Jahr 441 Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer ums Leben. Insgesamt zählen die Statistiker 92.882 Fahrradunfälle mit Personenschaden. An der Hälfte davon war ein Autofahrer beteiligt – und dann auch meist der Verursacher.

Umso wichtiger ist die gegenseitige Rücksichtnahme im Straßenverkehr. Diese Grundregel dürfte bei den meisten noch aus der Fahrschule im Gedächtnis geblieben sein. Dass der Paragraf eins der StVO aber auch regelt, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder behindert werden darf, gerät jedoch schnell in Vergessenheit. Spätestens beim Paragrafen fünf, der das Überholen regelt, wird das Fahrschulwissen bei vielen Autofahrern dünn. „Wenn wir uns die aktuellen Unfallzahlen anschauen, sehen wir, dass Fahrradfahrer besonders gefährdet sind. Autofahrer nehmen oftmals zu wenig Rücksicht beim Überholen. Vielen ist nicht bewusst, dass sie innerorts einen Seitenabstand von 1,50 Meter einhalten müssen“, stellt Marcel Schauffler vom TÜV Thüringen fest.   

In der Praxis kommt es immer wieder zu Verkehrssituationen, die das Einhalten dieser Mindestüberholabstände gar nicht hergeben. Die Empfehlung des Experten ist auch für schwierige Fälle eindeutig: „Auch wenn es die Fahrsituation nicht hergibt, ein ausreichender Seitenabstand ist beim Überholen dennoch einzuhalten. Auch für enge Straßen gibt uns die StVO klare Regeln vor. So darf derjenige, der überholen möchte, denjenigen, der überholt wird, nicht behindern. Das bedeutet im Klartext: Notfalls kann nicht überholt werden und man muss beispielsweise hinter dem Fahrradfahrer bleiben, bis die Verkehrssituation einen Überholvorgang ermöglicht“, erklärt Marcel Schauffler.

Der Bußgeldkatalog sieht für das Nichteinhalten eines ausreichenden Seitenabstands eine Geldbuße von 30 Euro vor. Das unerlaubte Halten auf dem Radweg wird mit 50 Euro, bei einer Gefährdung anderer sogar mit 70 Euro belegt.