Praxisanleitung 4.0: Digitale Kompetenzen in der Pflegeausbildung

Mit dem Start der generalistischen Pflegeausbildung am 01.01.2020, die die bisher getrennten Berufe Altenpfleger, Kinderkrankenpfleger und Krankenpfleger zu einer Ausbildung zusammenfasst, hat die Praxisanleitung eine noch gewichtigere Rolle im Ausbildungsgefüge eingenommen.
Ziel der Generalistik ist es, die Auszubildenden auf alle Aufgaben des Pflegealltags vorzubereiten und nach drei Jahren die Ausbildung als Pflegefachmann bzw. -frau abzuschließen. Bei der Umsetzung dieses Ansatzes spielt die professionelle Ausgestaltung der Praxisanleitung eine große Rolle.
 

Einrichtungen der praktischen Ausbildung sind gem. § 4 Abs. 1 PflAPrV (Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die Pflegeberufe) verpflichtet, die gezielte praktische Anleitung im Umfang von 10% Prozent während der Praxiseinsätze sicherzustellen. Mittlerweile offenbaren die Erfahrungen, dass im Rollenverständnis von Praxisanleitern Änderungen zu verzeichnen sind. Von ihnen wird in ihrem wissensintensiven pflegefachlichen Tätigkeitsumfeld ein zunehmendes Maß an personalen Kompetenzen wie Selbstständigkeit, Eigenverantwortung und Weiterbildungsinitiative erwartet. Praxisanleiter werden nicht mehr nur als reine Wissensvermittler sondern vor allem als Lernbegleiter gesehen. Sie befähigen und stärken die Auszubildenden mittels gezielten, bedarfsgerechten und kompetenzorientierten Anleitungen. Sie formen die Mitarbeiter der Zukunft und legen die Basis für die notwendige berufliche Handlungskompetenz.


Digitale Kompetenzen in der Pflege

Unter den Stichworten Zukunft und Handlungskompetenz kommt man nicht umhin, den großen Trend der Zeit zu betrachten: Digitalisierung. Sie macht vor dem Gesundheitswesen und der Pflegebranche keinen Halt und hat mittlerweile mit vielfältigen Ausprägungen Einzug in den Pflegealltag gehalten. Elektronische Patientenakten und Patientenleitsysteme, Televisiten und Robotik seien da nur beispielhaft zum Thema Einsatz digitaler Medien und Technologien im Pflegeberuf angeführt. An Beschäftigte stellen sich neben ihrem Fachwissen neue Anforderungen hinsichtlich ihrer Technikkompetenz in ihren Arbeitsfeldern. Zweifellos sind mit dem Einsatz digitaler Technologien auch neue Bedarfe für das Anleiten und Lernen verbunden. 

Die sich im Zusammenhang mit der Ausbildung stellende Frage ist hier also: Was bedeutet dieser Trend für die Praxisanleitung? 

Die Antwort darauf ist – wie so oft – nicht nur eindimensional zu betrachten. Zum einen geht es im Ausbildungskontext um die Heranführung an den Umgang mit den eingesetzten digitalen Medien und Technologien im pflegerischen Bereich. Zum anderen lohnt sich eine Betrachtung, welche Möglichkeiten digital unterstütztes Lernen für Anleitungssituationen und die Umsetzung berufspädagogischer Inhalte bietet. 
Es steht sicherlich außer Frage, dass bereits in der Ausbildung der Grundstock für den Umgang mit den neuen digitalen Technologien gelegt werden muss. Dies unterstreichen auch die entsprechenden Ansätze zur Vermittlung bzw. Vertiefung von Digitalkompetenzen in den Rahmenplänen nach § 53 PflBG (Pflegeberufegesetz). Schließlich müssen die Auszubildenden über entsprechende Kompetenzen verfügen, um für aktuelle und künftige Herausforderungen in der Digitalisierung sowie weiteren Entwicklungen gewappnet zu sein. Sie müssen digitale Technologien nutzen, beurteilen und zielgerichtet in Arbeitsprozessen einsetzen können. Hier sind die Praxisanleiter gefragt. Sie sind gefordert, diese Elemente in Lernsituationen einfließen zu lassen. Sie schaffen so die Basis bei den Auszubildenden, professionell und sicher mit digitalen Komponenten agieren zu können.

Praxisanleitung 4.0

Ein weiterer Aspekt im Spannungsfeld des digitalen Wandels ist die Digitalisierung der Lehre und ihre Effekte auf die Praxisanleitung. 

Es lohnt sich, digitale Komponenten im pädagogischen Konzept für die Praxisanleitung zu berücksichtigen, die Methodik anzupassen und innovative neue Ideen zu integrieren. Die Nutzung digitaler Bausteine und Werkzeuge in Kombination mit klassischen Anleitungsmethoden sind eine Bereicherung für pflegerische Lernprozesse. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, Lernen interessant zu gestalten, Medien einzubeziehen, Apps zu nutzen, Arbeitsaufträge zu geben, in der der Auszubildende beispielsweise zur Wissensreflexion oder -anbahnung einen Pflegepodcast anhört oder ein Youtube-Video aus einer fachlichen Quelle schaut, um dann daraus einen Handlungsablauf für eine pflegerische Maßnahme zu erstellen. 

Gestandene und neue Praxisanleiter sind gefordert, pädagogisches Wissen zum digitalen Lehren und Lernen auf- bzw. auszubauen, um die komplexen Entscheidungen zum Einsatz digitaler Lernunterstützung leichter treffen zu können. Dabei geht es um folgende beispielhafte Fragen: 

Welche verschiedenen digitalen Lernformate gibt es? 
Welche digitale Anwendung bzw. welches Werkzeug passt zu welcher Anleitungssituation? 
Wie können Selbstlernprozesse initiiert werden? 
Wie schöpfe ich methodische Möglichkeiten im virtuellen Raum voll aus? 
Wie ist mit Herausforderungen, wie beispielsweise dem Datenschutz und der Informationssicherheit, umzugehen? 

Der Spielraum für die Anleitungspraxis vergrößert sich dank des Einsatzes digitaler Werkzeuge. Die Praxisanleitung wird methodisch bereichert und neues Wissen erreicht die Auszubildenden auf einem innovativen und die aktuelle Generation ansprechendem Weg. Das Lernen wird effektiv, abwechslungsreich und nachhaltig. Eine verbesserte Lernkultur und die qualitativ hochwertige praktische Ausbildung binden die Auszubildenden an das Unternehmen, so dass das dringend erforderliche Personal perspektivisch zur Verfügung stehen wird. 

Bleiben Sie wissbegierig.